„effetto domino“ und juric

Juli 2019 – Hellas Verona ist mit Ach und Krach zurück in die italienische Beletage aufgestiegen. Trotzdem soll ein neuer Trainer her, aus diversen Gründen.

Die Wahl fällt letztendlich auf den Kroaten Ivan Juric, seines Zeichens langjähriger Spieler von Genoa, später Trainer in Crotone und (mehrfach) erfolglos beim Genoa CFC. 

Eine Verpflichtung, die nicht unbedingt für Jubelstürme im Veneto sorgte: zu groß die Unsicherheit, zu groß das fehlende Vertrauen seitens der Fans in einen Coach, der in der Serie A bereits verbrannt schien.

Doch Juric würde bekanntlich alle Beobachter, Fans und Freunde der Veroneser eines Besseren belehren. 

Aus einer scheinbar zusammengewürfelten Mannschaft formte  der Kroate eine Einheit, selbst die Verpflichtung eines Altmeisters wie Miguel Veloso war in der Nachbetrachtung absolut essenziell und nur sinnvoll – wenngleich sie zu Beginn für Fragezeichen sorgte.

Juric hat sich einen Namen gemacht, hat mit sehr begrenzten Mitteln eine der attraktivsten Mannschaften der Liga geschaffen, hat Spieler weiterentwickelt, deren Karrieren stagnierten oder die bereits außen vor schienen.

Juric, der Magier; Juric, der Heilsbringer – binnen Monaten kehrte eine Euphorie nach Verona zurück, wie sie in der Stadt an der Etsch lange nicht gefühlt wurde.

Doch bekanntlich hat auch in Italien das altbekannte Sprichwort „Erfolg weckt Begehrlichkeiten“ seine Gültigkeit.

Gab es bereits im letzten Sommer bis zu Juric‘ überraschender, langfristiger Vertragsverlängerung, diverse Gerüchte um ein mögliches Interesse der Fiorentina und von West Ham, scheint die Schlange der potenziellen Interessenten diesmal sogar um ein Vielfaches länger zu sein – und die Gerüchteküche fängt erst an zu brodeln.

Während sich das Interesse von West Ham angesichts derer fulminanten Saison von selber erübrigt haben sollte, strecken immer mehr italienische „Granden“ ihre Fühler nach dem früheren Gasperini-Lehrling Juric aus.

Mentalita Calcio fasst die Namen, die durch die italienischen Gazetten schwirren, zusammen – und wagt eine mutige Prognose.

fiorentina

Bereits im Sommer 2020, nach Veronas überraschender Saison mit einem starken neunten Platz in der Endabrechnung, baggerte die Viola heftig an dem Kroaten.

Ein passender Trainer schien, nach einer wenig ertragreichen Saison mit Vincenzo Montella und anschließend Beppe Iachini auf der Bank, das fehlende Puzzlestück für das Projekt vom neuen Besitzer Rocco Commisso zu sein – schnell rückte so Ivan Juric ins Blickfeld des Medienmoguls, angesichts der Finanzstärke und den Juric wohl zugesicherten Freiheiten schien das eine realistische Option zu sein, ehe der Kroate mit seiner Verlängerung alle Gerüchte vom Tisch wischen würde.

Fraglich allerdings, ob Juric sich die Viola angesichts seines weiter gestiegenen Marktwertes tatsächlich antun würde.

In Florenz ist man bekanntlich nach kurzem Prandelli-Intermezzo erneut bei Iachini angelangt, tatsächlich kann dieser nicht mehr als nur eine Notlösung bis Sommer sein – eine Übergangslösung bis Juric? 

lazio

Die italienischen Granden aus Turin, Rom und Neapel könnten im kommenden Sommer vor einem ungewöhnlich hektischen Sommer stehen.

Je nach weiterer Entwicklung könnte der frei werdende Juventus-Posten für einen wahren Dominoeffekt auf den Bänken der Serie A sorgen, benötigt La Vecchia Signora scheinbar doch mehr als nur eine einfache „Bluttransfusion“, um wieder Lebensgeister erwecken lassen zu können. 

Es ist also gut möglich, dass auch bei den Laziali eine Vakanz auf jener Bank entsteht – als heißer Kandidat gilt neben Napoli-Trainer Gennaro Gattuso eben jener Ivan Juric, zumindest der Gazzetta dello Sport zufolge. 

Eine interessante Kombination, steckt im Kader der Römer doch vieles an schlummerndem Potenzial, welches Juric in Verona bekanntlich bestens ausschöpfen konnte.

Die traditionell hervorragenden Beziehungen zwischen Hellas Verona und Lazio stünden einem solchen Wechsel voraussichtlich nicht im Wege, eher könnte  allerdings die – für Außenstehende – oftmals fehlende Freiheit und Sparsamkeit bei Spielertransfers eine nicht zu unterschätzende Hürde für Juric selbst darstellen, immerhin kreidete der Kroate dieses Verhalten Hellas-Präsident Setti (nicht ungerechtfertigt) mehrfach an.

roma

Vermehrt gibt es Gerüchte, dass Paulo Fonseca die Roma im Sommer verlassen wird. Neben großen Namen wie jenen von Maurizio Sarri und Massimiliano Allegri ist auch immer wieder der von Ivan Juric zu lesen.

Nachdem der Roma bereits im vergangenen Sommer mit der Verpflichtung von Hellas-Eigengewächs Marash Kumbulla ein absoluter und völlig unerwarteter Überraschungscoup gelang, wäre eine Verpflichtung Juric’ eine ebenso große Überraschung, die einem – zugegebenermaßen – angesichts des riesigen Talents und Potenzials des Römer Kaders schier das Wasser im Munde zusammenlaufen ließe.

Zum jetzigen Zeitpunkt scheint das allerdings eher hypothetisch als realistisch, die Gedankenspiele sind allerdings leicht nachzuvollziehen.

Max Kumbulla wäre einem Engagement seines Ziehvaters Juric gegenüber sicherlich nicht abgeneigt…

napoli

Der beschriebene Dominoeffekt könnte unter Umständen auch Auswirkungen auf die SSC Napoli haben. 

Sollte das Werben der Laziali um Gattuso tatsächlich erfolgreich verlaufen, könnte Juric unter Umständen auch am Vesuv ins Spiel kommen – es wäre aus seiner Sicht sicherlich kein verkehrter Schritt, auch der Süden ist ihm wohlbekannt, allerdings ist es durchaus wahrscheinlich, dass sich die Neapolitaner in „höheren Regalen“ nach potenziellen Nachfolgern umschauen dürften, auch wenn erste Gerüchte um Juric und Napoli dann tatsächlich dieser Tage auch durch seriöse italienische Blätter flatterten… 

atalanta

Fiel in den letzten Monaten der Name Ivan Juric, oder der Verein Hellas Verona, wurde immer wieder auf die spezielle Beziehung von Juric zu seinem Mentor Gian Piero Gasperini hingewiesen. 

Unverkennbar auch noch heute die Einflüsse Gasperinis im System seines früheren „Lehrlings“, unverkennbar die Parallelen zwischen Gasps Göttin und Juric‘ Skaligern, auf und neben dem Platz.

Juric hat oft die Grenzen des Projekts in Verona beschrieben, an eben solche könnte auch Gasperini nun in Bergamo angelangt sein.

Für beide Trainer könnte es somit an der Zeit sein, dass der nächste Schritt auf der Karriereleiter erklommen wird: Atalanta wäre in jenem Kontext der logische nächste Step für Juric – und Juric wäre der logische Nachfolger Gasperinis aus Sicht von Atalanta. 

Diese ganze Hypothese liest sich beinahe so logisch, dass es nahezu bizarr wirkt – Stand jetzt gibt es allerdings ohnehin wieder sehr viel weniger Anzeichen, dass Gasperini die Bergamaschi tatsächlich verlassen könnte, als es schon mal der Fall war.

england

Wurde im letzten Sommer noch West Ham ein ernsthaftes Interesse an Veronas kroatischem Erfolgstrainer nachgesagt, kann man nach der herausragenden Entwicklung der Hammers unter David Moyes getrost davon ausgehen, dass zumindest der Londoner Traditionsklub zu diesem Zeitpunkt nicht als potenzieller neuer Arbeitgeber für Juric in Frage kommt.

Auch ansonsten gibt es nur noch vereinzelte, wenig haltbare Spuren in Richtung der britischen Inseln, ohnehin ist Juric Italiener durch und durch – man mag sich den Hitzkopf in englischen Pressesälen kaum vorstellen. 

verona

„Last but not least“, um abschließend in der Landessprache der Hammers zu bleiben, besteht natürlich weiterhin die sehr realistische Möglichkeit, dass Juric in „la sua casa“ bleibt, dass er „zuhause“ in Verona bleibt.

Binnen kürzester Zeit hat der „Magier aus Split“ Heldenstatus im Veneto erlangt, zudem nicht oft genug betonen können, wie wohl sich seine Familie in Verona doch fühle – und im Sommer 2020 zur Überraschung vieler kurzerhand seinen Vertrag um ganze drei (!) Jahre verlängert.

Sein Projekt zeigt weiter erfreuliche Fortschritte, die Scaligeri sind auf einem guten Wege, sich in der Serie A wieder fest zu etablieren.

Warum sollte er diesen Gestaltungsspielraum, seine erlangte „Macht“ im Verein, diese Verehrung von außen also einfach so aufgeben? 

Eine gute Frage. Juric hat immer betont, er müsse die Perspektive für Weiterentwicklungen sehen, dieser Sommer könnte sogar ein etwas ruhigerer mit weniger Abgängen für die Veroneser werden.

Und dennoch: die Aussicht auf einen Posten bei einem Top-Klub der Liga, das könnte den Kroaten reizen, das könnte seinen Hunger auf einen anderen Level hieven und die Lust auf eine solche Herausforderung, auch auf europäischer Ebene, mehr als bloß erwecken.

Es wird so oder so ein sehr spannender Sommer auf dem Trainermarkt der Serie A. Nicht nur hinsichtlich Juric, auch andere Personalien wie Roberto De Zerbi und Vincenzo Italiano werden heißdiskutiert werden. 

mentalità calcio – prognose

Sollte Juric „sein“ Verona tatsächlich verlassen, dann für eine Herausforderung, die von den Grundvoraussetzungen auf ihn zugeschnitten scheint.

Sollte Fonseca der Roma also tatsächlich den Rücken kehren und die Römer um Besitzer Friedkin ernsthaftes Interesse am Kroaten haben, dann könnte dies eine – auf dem Papier und in der Theorie – äußerst vielversprechende Symbiose ergeben. 

Ähnlich gestaltet sich der Fall Neapel: das in den letzten Tagen  scheinbar immer konkreter werdende Interesse, nicht nur an Zaccagni, sondern auch an Antonin Barak, könnte ein Indiz dafür sein, dass auch Juric Verona in Richtung Süden verlassen könnte.

Beide Stationen wären ein logischer nächster Schritt für den Kroaten.

Ein italienisches Sprichwort besagt:

„Chi lascia la strada vecchia per la nuova, sa quel che lascia ma non quel che trova.“ – Wer die alte Straße für eine neue verlässt, der weiß, was er verlässt, aber nicht, was er findet.

Eine treffende Darstellung von Gedankengängen, die durch Juric‘ Kopf schwirren könnten. Und doch könnte dieser „neue Anfang“, dieser Schritt ins Ungewisse auf eine “höhere Basis” durchaus attraktiv für den Kroaten sein.

Machen die Römer oder die Neapolitaner also tatsächlich ernst, wird sich Hellas Verona auf dem Trainermarkt neu orientieren müssen. 

Es wäre ein schwerer Schlag für die stolzen Veroneser.

tifoso del verona