Leider war ich in den letzten Wochen zeitlich stark eingebunden. Der Sieg gegen Sassuolo wurde dennoch begeistert verfolgt, und wieder einmal avancierte Sassuolo-Keeper Consigli zum Matchwinner von Hellas Verona, nachdem er in der letzten Saison schon den Siegtreffer von Adolfo Gaich in der 95. Minute mustergültig aufgelegt hatte, der letztendlich zu Veronas Aufholjagd und dem damit verbundenen Klassenerhalt führte.
Mindestens auf genauso niedrigem Niveau wie das Spiel bis zu jener 95. Minute damals war dann auch die erste Halbzeit des vergangenen Spiels gegen Sassuolo. Beide Teams waren sich bewusst, dass hier einiges auf dem Spiel stand – Neuzugang Swiderski sollte letztendlich der Schütze des goldenen Treffers für die Gialloblù sein. Sein erster Serie A-Treffer, der Verona keine allzu schlechten Aussichten auf den Klassenerhalt ermöglicht. Auf Platz 17 und damit über dem Strich befinden sich die Mastini nach zwischenzeitlich 27 absolvierten Partien – allerdings: Lecce liegt mit 25 Punkten auf Platz 13, Sassuolo auf Platz 19 hat gerade einmal fünf Punkte Rückstand. Es droht ein Herzschlagfinale wie in der vergangenen Saison, allerdings hoffe ich, dass diesmal keine Mannschaft aus Verona beteiligt sein wird.
Einen großen Schritt dahingehend kann (besser: muss) Verona am kommenden Sonntag in Lecce machen. Beim Ex-Team von Coach Marco Baroni werden die Gialloblù wieder auf Michael Folorunsho zurückgreifen können, der die vergangene Partie krankheitsbedingt aussetzen musste. „Folo“ hat sich zwischenzeitlich zum vielleicht wichtigsten Spieler des Teams gemausert, wird von TV-Experten immer wieder in Zusammenhang mit der Euro 2024 und der Squadra Azzurra genannt. Umso wichtiger, dass er in Lecce spielen kann, denn Lecce ist traditionell ein heißes Pflaster für Verona; ein Ort, an dem jedem Veroneser der pure Hass entgegenschlägt. Auch diesmal wird wieder die ein oder andere Aktion der aktiven Szene der Giallorossi im Vorfeld des Spieles zu erwarten sein. Letztes Jahr im April 23 richtete sich selbige, eigentlich adressiert an die Veroneser Curva Sud, unter anderem auch gegen Sassuolo-Keeper Consigli, der den Veroneser Siegtreffer wenige zuvor Tage bekanntlich (mit-) verschuldete und so Lecce tiefer in den Abstiegsstrudel hineinzog… Geschichte wiederholt sich, zumindest manchmal und im kleinen Rahmen.
Für Verona ist die Mission Klassenerhalt 2023-24 zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls realistischer als noch zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison, lag man damals doch bereits teilweise sechs Punkte hinter dem rettenden Ufer Liguriens (La Spezia 😉 ). Doch die Schwere der Aufgabe liegt insbesondere am restlichen Spielplan. Auf drei weitere direkte Konkurrenten trifft man noch nach der Partie in Lecce, bereits am ersten April steht das Aufeinandertreffen auf Sardinien gegen Cagliari an, am 21. April kommt dann Udinese ins Bentegodi, bevor Verona am vorletzten Spieltag nach Salerno reisen muss.
Und genau da liegt die Crux: Verona konnte ganze 17 aller 23 gesammelten Punkte zuhause im Bentegodi sammeln, lediglich sechs Pünktchen waren es in Auswärtsspielen. Man muss also kein Prophet sein, um vorhersagen zu können, dass diese Umstände die Wahrscheinlichkeit des Klassenerhalts von Hellas Verona erheblich vermindern… Es wird also darauf ankommen, dass man zuhause auch gegen die „Großen“ punktet.
Doch die Darbietungen der vergangenen Wochen machen den tifosi der Veroneser Mut. Seit der Winterpause steht ein „anderes“ Verona auf dem Platz, eines, das mit allem, was es hat, kämpft. Das wissen die Menschen zu schätzen. Insbesondere Baroni hat einen riesigen Kredit bei den Fans: nicht umsonst, oft genug wurde das hier von mir beschrieben.
Ein Spieler, der seinen Anteil an den positiven Partien seit dem Jahreswechsel hat, ist der frühere deutsche Nationalspieler Suat Serdar. Spielte er zu Beginn noch keine nennenswerte Rolle in Baronis Team, hat er sich zwischenzeitlich (nicht nur aufgrund diverser Abgänge) zum Stammspieler entwickelt. Der Veroneser Lokalzeitung L’Arena beantwortete er nun einige Fragen. Ich fasse die wichtigsten Aspekte kurz zusammen.
Serdar sprach über…
- die Unterschiede zwischen Serie A und Bundesliga: Das Spiel in der Bundesliga sei schneller, in der Serie A hingegen wesentlich taktischer und defensiver geprägt.
- seine Anfangsschwierigkeiten: Es sei sein erster Auslandswechsel gewesen, dann die neue Sprache. Es sei kein einfacher Moment für ihn gewesen, doch jetzt sei er angekommen.
- seine beste Partie: Monza vor einigen Wochen. Zwar ging das Spiel „nur“ Remis aus, doch er habe viele Zweikämpfe gewonnen, viele Spielanteile gehabt.
- die Teamkollegen, mit denen er am engsten sei: Er komme mit allen gut zurecht, am Anfang natürlich vor allem mit Koray Günter und Ondrej Duda, da beide Deutsch sprechen. Er sei inzwischen zudem häufig mit Manuel Cruz und Juan Cabal zusammen.
- den bunten Mix an Nationalitäten und die Verständigung im Team: Man spreche einen Mix aus diversen Sprachen. Mit Duda spreche er auf Deutsch, mit anderen auf Englisch und auch auf Italienisch, wobei er noch nicht alles verstehe.
- die anstehende Partie in Lecce: Es werde keine einfache Partie in einer hitzigen Atmosphäre, ein schweres Spiel. Doch er wisse, dass sie in jedem Szenario drei Punkte erobern können.
- den Spieler, der ihn in der Serie A bislang am meisten beeindruckte: Dies sei Hakan Calhanoglu. „Ein großer Spieler.“
- die Anhänger der Gialloblù: „Fantastisch. In allen Partien. Egal ob daheim oder auswärts, sie sind unglaublich und ich liebe es in unserem Stadion zu spielen.“
- eine Rückkehr in das DFB-Team, sollte er so weiterspielen: Er wolle sich nur auf Verona und das Ziel Klassenerhalt konzentrieren. Alles andere würde die Zeit zeigen.
- Hans-Peter Briegel: Er kenne ihn, er wisse, dass er ein großartiger Spieler für Hellas Verona und die deutsche Nationalelf gewesen sei. Und ihm wurden sehr viele Dinge über ihn erzählt in Verona.
Bleibt nur eines zu sagen: Dai Verona! In Lecce steht das nächste 6-Punkte-Spiel an. 12.30 Uhr – einschalten!