…40 mila saremo a tifar‘!
Ob es jemals wieder 40.000 Zuschauer ins Stadio Adriatico treibt, die Zweifel daran sind allemal berechtigt. Zwar besingt man beim Einlaufen der BiancAzzurri diese stolze Anzahl an Fans, doch sind die Zeiten der großen Fanmassen im Stadion von Pescara leider vorbei. Unabhängig jeglicher Coronakrise sind nur noch circa 20.000 Besucher zugelassen. Im Übrigen waren es offiziell nur einmal über 40.000 tifosi im Adriatico, nämlich als ein gewisser Diego Maradona anlässlich eines Spiels der Coppa Italia im Spätsommer 1984 an die Adriaküste kam.
Splende il sole, lo stadio tutto in festa, quando difendi i nostri bei color‘!
Für die passionierten Anhänger des größten Vereins aus den Abruzzen steht nach elf Jahren wieder ein kleiner Neuanfang an. Serie C. Diese verließ man nach der Saison 2009/10 erfolgreich. Unter der Führung von Eusebio Di Francesco auf der Trainerbank und einem 16-jährigen Marco Verratti auf dem Spielfeld. Zwei gebürtigen Pescaresi.
Wer ist es nun, der diesmal den Delfin aus der Versenkung holen wird, wer ist es, der diese stolzen Farben verteidigt?
Auf der Trainerbank hat Gaetano Auteri Platz genommen. Der Special One di Floridia gilt als erfahrener Trainerfuchs in Italiens dritter Spielklasse. Zuletzt hat der Süditaliener aus der Provinz von Syrakus die Geschicke bei Bari geleitet, scheiterte aber an den ambitionierten Vorstellungen der Pugliesi. Diese sind etwas nördlich bei den Abruzzesi jedoch kaum unterschiedlich: Aufstieg in die Serie B. Punkt. Der Sizilianer hat sich dem jedoch sofort angenommen und äußert sich ganz auf Linie der Vereinsführung. Installiert wurde umgehend sein 3-4-3-System als Erfolgsmodell. Auteri ist ein Mister der alten Schule. Am System wird nicht gerüttelt, es steht fest. Hohes Pressing, laufintensives Spiel, Geschwindigkeit, Überlagerung der Flügel. Der Weg ist vorgezeichnet. Doch dafür benötigt es notwendigerweise das passende Spielermaterial.
E il biancazzuro in ciel‘ sventolerà, è la bandiera più bella che ci sta!
Der jahrelange Rückhalt im Tor hat Pescara verlassen. Der Kapitän der letzten Jahre Vincenzo Fiorillo wollte unbedingt noch einmal in der Serie A auflaufen. Eigentlich mit der Mannschaft seiner Wahlheimat. Diese Chance hat ihm nun jedoch Salerno geboten – er konnte und wollte sich das nicht entgehen lassen.
Als Nachfolger wurde der vertragslose Raffaele Di Gennaro verpflichtet. Der 27-jährige Torwart, der aus der Jugend von Inter Mailand stammt, war in der Rückrunde der letzten Saison Stammtorwart bei Catanzaro – ebenfalls Drittligist. Ähnlich wie sein Vorgänger glänzt er mit schnellen Reaktionen auf der Linie und einem starken Eins-gegen-eins. Parallel sind aber auch die Schwächen: Hohe Bälle – ob Ecken oder Flanken – werden oftmals falsch eingeschätzt. Daran wird zu arbeiten sein.
Eigentlich war eine Rückkehr von Mirko Pigliacelli vorgesehen, der nach einem Streit mit dem damaligen Trainer Zdenek Zeman die Abruzzen verlassen hatte, doch man konnte sich nicht auf eine adäquate Ablösesumme einigen.
Hinter dem neuen Stammtorwart reiht sich das Torwartduo der letztjährigen Primavera ein. Der 20-jährige Nicolò Radaelli, sowie der 19-jährige Alessandro Sorrentino, dem man im Verein durchaus das Potenzial nachsagt, bereits schon in dieser Saison zum Stammkeeper zu avancieren.
Sei forte più di un battaglion – evviva Pescara!
Neuer Ankerpunkt in der Defensive soll Mirko Drudi werden. Der 34-jährige Innenverteidiger hätte die Abruzzen eigentlich im vergangenen Winter beinahe in Richtung Cesena verlassen, konnte dann jedoch von einem Verbleib überzeugt werden. Nachdem die Verletzungsmisere nun auch endlich überstanden ist, soll er die Führung als zentrale Figur der Dreierkette übernehmen. Mit seiner Erfahrung und seiner Übersicht kann und muss er für die nötige Stabilität sorgen. So löchrig wie die Jahre zuvor darf man sich jedenfalls nicht präsentieren, sollte man das Ziel Aufstieg wirklich realisieren wollen.
Neben ihm reihen sich diverse Alternativen ein. Julian Illanes, 24 Jahre alt von Florenz, Gianmarco Ingrosso, 32 von Pisa, Paolo Frascatore, 29 von Ternana, Tommaso Cancellotti, 29 von Perugia und die jungen Gianluca Longobardi und Davide Veroli, beide 18 und aus der eigenen Jugend, werden je nach Charakteristiken der gegnerischen Mannschaft die beiden weiteren Positionen in der Dreierkette einnehmen. Die somit nahezu völlig neu zusammengewürfelte Defensive wird sicher noch einige Zeit brauchen, um sich endgültig zu finden, aber an Alternativen mangelt es dem Trainer hier keineswegs – genauso wenig wie an Erfahrung.
Sconfiggi tutti gli squadron – dai forza Pescara!
Im zentralen Zweier-Mittelfeld scheint der neue, alte Kapitän und albanische Nationalspieler Ledian Memushaj gesetzt. Dem 34-jährigen, der Pescara schon in die Serie A und auch in dieser anführte, kommt in dieser Saison eine Schlüsselrolle zu. Glänzte er letztes Jahr noch mehr mit Standfußball und dem ein oder anderen Fernschuss – natürlich aus dem Stand – so wird man abwarten müssen, ob ihm das deutlich langsamere Tempo in der Drittklassigkeit zugute kommt. Daneben schaltet und waltet der 21-jährige Rückkehrer Marco Pompetti, der von Inter Mailand ausgeliehen wurde. Der gebürtige Pescarese überzeugte sogleich im ersten Pokalspiel – 2:0 gegen Olbia – mit zwei Vorlagen.
Dahinter reihen sich der erfahrenen Giuseppe Rizzo, 30 von Monza verpflichtet, sowie die jungen Amadou Diambo, 20 aus der eigenen Jugend, und Siriki Sanogo, 19 von Benevento ausgeliehen, ein. Ob der 35-jährige Mirko Valdifiori, der eigentlich letzte Saison in der Serie B als Schlüsselfigur verpflichtet worden war, in dem System von Auteri Spielzeit finden wird, ist ungewiss, denn dieses ist überhaupt nicht auf den gelernten Spielmacher ausgelegt. Aus dem Umfeld des Vereins vernahm man jedoch den unbedingten Willen des Spielers, sich zu beweisen und in den Abruzzen bleiben zu dürfen, so dass dieser auch umgehend einen finanziell angepassten Vertrag unterzeichnete. Er gilt als Sprachrohr in der Kabine und kann somit – auch von der Seitenlinie aus – zu einem unverzichtbaren Teil des Erfolgs werden.
Auf den laufintensiven Außenbahnen im 3-4-3 stehen dem neuen Coach links Mardochee Nzita, 21, und Alessio Rasi, 22 von Vibonese verpflichtet, zur Verfügung. Insbesondere Nzita, der bereits letzte Saison das weiß-blau-gestreifte Trikot trug, ist mit seinen Eigenschaften – insbesondere der hohen Laufintensität und der Geschwindigkeit – wie geschaffen für das neue System. Das zeigte er auch bereits im ersten Saisonspiel – 2:1 gegen Ancona – bei dem er einen Treffer vorbereitete und einen selbst erzielte. Glücklicherweise konnte er trotz diverser Angebote aus höheren Spielklassen gehalten werden und wird so sicherlich zu einem Schlüsselspieler in der laufenden Spielzeit. Ähnlich gestaltet es sich auf der anderen, rechten Seite. Der von Empoli verpflichtete Davide Zappela, 23, konnte in den ersten Spielen seine konditionelle Stärke unter Beweis stellen. Nachdem er bereits Kilometer um Kilometer die rechte Seite beackert hatte – selten hat angesichts des schlechten Zustandes des Rasens im Adriatico ein Ausdruck so gepasst wie diesmal – gelang ihm in der Nachspielzeit nach einem langen Sprint der entscheidende Siegtreffer im Spiel gegen Ancona. Hinter ihm wird sich wohl der altgediente Defensivallrounder Antonio Balzano einreihen. Der 35-jährige ist – Stand heute – noch vertragslos, aber ihm wurde seitens des Vereins ein solcher versprochen, so dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis der langjährige Wahl-Pescarese wieder im Kader zu finden sein wird.
Trennen musste und wollte man sich im Übrigen von Massimiliano Busellato, der keinen Hehl daraus machte, dass für ihn trotz gültigen Vertrags ein Verbleib an der Adria nicht in Frage kommt. So strichen ihn die Verantwortlichen bereits Mitte August aus dem Kader. Kurz vor Transferende ist er dann ablösefrei zu Padua gewechselt. Durch dieses etwas merkwürdige Verhalten wird man dem 28-jährigen jedoch keine Träne nachweinen.
Un grido solo si alzerà – evviva Pescara!
Zu guter Letzt die Offensivabteilung. Das Herzstück des temporeichen Angriffsfußballs von Gaetano Auteri. Für den linken Flügel konnte Eugenio D‘Ursi von Neapel verpflichtet werden. Der 26-jährige wirbelte zuletzt bei Bari und zeichnet sich durch eine gute Technik und Geschwindigkeit aus. Dahinter setzt man auf den 21-jährigen Milos Bocic, der nun nach einer Leihe die Chance bekommen soll, für seinen Jugendverein zu spielen.
Auf dem anderen Flügel versammelt sich wohl die Creme de la Creme der Serie C. Luca Clemenza, 24, von Juventus gekommen, Cristian Galano, 30, und Marco Chiarella, 19 aus der eigenen Jugend. Jeder der drei Spieler könnte problemlos als Stammspieler gesetzt sein. Clemenza war bereits in Pescara und war der absolute Wunschtransfer des Trainers. Der Flügelspieler hat eine beeindruckende Technik, einen starken Fernschuss und noch dazu den Blick für seine Mitspieler. Mit diesen Eigenschaften ist er auch mein persönlicher Traumtransfer für diese Mannschaft in dieser Liga. Wäre er im Übrigen bereits letzte Saison gewesen – eine Liga weiter oben. Als Joker stehen dazu Galano, der durch seine überragende Geschwindigkeit immer eine Waffe sein kann, und das Talent Chiarella, der in der Primavera in 21 Spielen 13 Mal traf und 8 Treffer vorbereitete, bereit. Dieses Trio wird ligaweit Seinesgleichen suchen. Man muss nur hoffen, dass alle fit bleiben und ihre Leistung abrufen könnte. Insbesondere der charakterlich etwas instabile Galano muss unbedingt bei Laune gehalten werden, um von Nutzen zu sein. Ansonsten ist und bleibt diese Position und insbesondere die Auswahl für Auteri ein absolutes Luxusproblem.
Nun der Mittelstürmer. Die Problemposition der letzten Jahre. Seit Gianluca Lapadula Pescara seinerzeit in die Serie A geschossen hatte, gab es keinen Stürmer mehr, der vollends zu überzeugen wusste. So dachte man wohl auch in der sportlichen Führung, denn es wurden vier Spieler für diese Position verpflichtet. Ganz nach dem Motto: Mehr hilft mehr und einer wird hoffentlich durchstarten. Neben dem erfahrenen Guido Marilungo, 32 von Ternana ausgeliehen, finden sich Michael De Marchi, 27 von Cittadella verpflichtet, Franco Ferrari, 26 von Neapel ausgeliehen, und das 21-jährige Stürmertalent von Torino, Nicola Rauti. Je nach Gegner wird Auteri nun auswählen, welcher Stürmertyp passt oder wer ist derzeit am besten aufgelegt. Er wird hoffentlich ein glückliches Händchen beweisen.
Un nome solo vincerà – dai forza Pescara!
Der Kader für das Ziel sofortiger Wiederaufstieg wurde rundum erneuert. Zwar finden sich ein paar altbekannte Gesichter darunter, doch diese haben starke Konkurrenz im Kampf um die Stammplätze bekommen. Für die Serie C ist das sowohl in der Breite als auch in der Spitze ein mehr als konkurrenzfähiger Mix, der noch dazu auf das „System Auteri“ ausgelegt. Die lange Serie-C-Saison benötigt auch unbedingt eine breit aufgestellte Mannschaft.
Absolut positiv ist das Einbinden vieler eigener junger Talente, statt – wie zuletzt und auch ansonsten in den unteren Klassen Italiens üblich – den Talenten anderer Spielzeit zu gewähren.
Nun ist jedenfalls alles bereitet für eine hoffentlich positivere Spielzeit und ein baldiges Ende der bitteren Drittklassigkeit.