come mai dovrei guardare una partita di…? (uno)

“Normale” Saisonvorschauen zur Serie A gibt es zuhauf, selbst auf Deutsch. Klar, zum Zeitpunkt eines noch offenen Transferfensters sind solch Prognosen ohnehin immer nur vage zu treffen. mentalità calcio geht daher etwas anders an die Sache ran: Wir haben uns überlegt, warum genau es sich lohnen würde, ein Spiel der jeweiligen Mannschaft anzuschauen – mit erstaunlichen Aussagen, bereits im ersten Teil. 

1. Atalanta

mw: Auch diese Saison erwartet jeder – und so auch ich – eine weitere offensivgeprägte und anschauliche Spielzeit unter Leitung des großartigen Gian Piero Gasperini. Der nach eigener Aussage – ich kann es nicht oft genug betonen – seine angriffsorientierte taktische Ausrichtung bei Pescara vom großen Giovanni Galeone abgeschaut hat. Wenn Atalanta spielt, ist Spektakel ein bisschen vorprogrammiert. Da stellt sich eigentlich kaum mehr die Frage, ob man da mal ein, zwei, drei Spielchen schauen sollte. La Dea ist auf jeden Fall immer einen Blick wert.

sr: La Dea, die Göttin – lange ohne göttlichen Glanz, in den letzten Jahren dann eindrucksvoll bewiesen, was man mit kontinuierlicher und zielorientierter Arbeit leisten kann. Einmal mehr hat man kluge Transfers getätigt, den Kader punktuell verstärkt – der wahrhaftige Grund um sich ein Atalanta-Spiel anzuschauen, liegt allerdings auf der Hand: Der Fußball von Gasperini ist ein Genuss. Aus und Ende, mehr Argumente benötigt man nicht. Und falls doch: Auch die Zuschauer werden (hoffentlich) nach und nach vollständig zurückkehren, was ebenfalls für den Besuch oder das Schauen eines Atalanta-Spieles spricht…

2. Bologna

mw: Eine gute Frage. Ich kann mich ehrlicherweise kaum daran erinnern, letzte Saison von ihnen mehr als eine Zusammenfassung gesehen zu haben. Ich kann auch kaum versprechen, dass sich diese Saison daran etwas ändern würde. Aber sollte sich vielleicht etwas ändern? Nun ja, ein gewisser Marko Arnautovic ist – begleitet von einem aufsehenerregendem Video – nach Bologna gewechselt, vielleicht ist er schon ein Grund mal kurz reinzuschauen. Neben dem alles überstrahlendem Österreicher wären es vermutlich die ein oder anderen jungen Talente, die es wert wären, zumindest einen kurzen Blick zu wagen.

sr: Mihajlovic und Arnautovic, das verspricht „Entertainment“ frei von politischer Korrektheit. Ich verneine, dass ein solches Schauspiel erstrebenswert ist – ein Grund, sich Bologna auszuschauen, ist es aus Sicht des Unterhaltungswerts wohl dennoch allemal. Wie von Michael angedeutet ist auch die weitere Entwicklung der Talente eine durchaus spannende Angelegenheit. Ein Besuch von Stadt und Stadion – solange es in der Form noch existiert – sollte sowieso Pflicht für jeden calcio-Liebhaber sein…

3. Cagliari

mw: Seit Cagliari zurück ist im italienischen Oberhaus des Fußballs habe ich immer, von Saison zu Saison mehr von ihnen erwartet, was in der letzten Saison, in der unter Eusebio Di Francesco, dem gebürtigen Pescarese und ehemaligen Aufstiegstrainer der BiancAzzurri, gipfelte. Und es kam wie es kommen musste, ich wurde enttäuscht. Einzig die konstante Steigerung von Gabriele Zappa hat mir Spaß bereitet. Ich befürchte, dass das eine ekelhafte Saison für die Sarden wird und man zusehends mehr auf Knochenarbeit als auf Spielwitz setzen wird oder gar setzen muss, um nicht abzusteigen. Das macht es für manchen bestimmt interessant, manch anderer wird wohl eher abgeschreckt…

sr: Cagliari. Die Trikots mit den weißen Ärmeln sind weg. Und die fand ich irgendwie gegen Ende der letzten Saison letztendlich ziemlich stark. Ansonsten – nach der letzten Saison, vor  welcher ich die Sarden als potenziellen Europapokalteilnehmer einstufte, bin ich diesmal verhaltener. Allerdings wird man um das Anschauen des ein oder anderen Spiels nicht herumkommen, immerhin bietet der Kader einiges an Potenzial: Neuzugang Marin entschied sich für mich etwas überraschend für Cagliari und gegen die Angebote von Clubs auf europäischer Ebene, er kann – wie auch sein Verein – unter gewissen Umständen eine der Überraschungen der kommenden Saison werden. Und so auch das Anschauen von Cagliari-Spielen sicherlich rechtfertigen. 

4. Empoli

mw: Der „fulminante“ Serie-B-Meister. Als Connoisseur der unteren italienischen Liga – ab jetzt wieder Ligen – erwartet man ja fast eine Empfehlung von mir, sich doch mal Empoli genauer anzuschauen. Um diese Erwartung nicht gleich zu enttäuschen, ja, tut das gerne, macht das, „Empfehlung“. Für mich war Empoli letzte Saison so etwas wie der langweilige, abgeklärte, erfahrene Hund zwischen vielen unerfahrenen oder überdrehten Welpen. Ohne großes Aufsehen spielte man sich durch die Saison, auch die Spiele waren geprägt von Souveränität, so dass die Spannung nahezu völlig gewichen ist. Das wird sich nun ein Stockwerk drüber ändern, allein das ist schon ein Grund, sich da mal wieder ein Spiel anzuschauen. Mal schauen, wie souverän die Jungs nun agieren, wenn es mal nicht gegen Kanonenfutter geht…

sr: Ich konnte mit Empoli nie etwas anfangen. Selbst nicht, als man irgendwann mal auf europäischer Ebene vertreten war, wenngleich das – glaube ich – nicht mehr als zaghafte Gehversuche waren. Nun denn – souverän aufgestiegen, Trainer weg, Cutrone da. Vielleicht schafft der Stürmer in Empoli endlich seinen Durchbruch – doch, wenngleich ich Empoli als stärksten der Aufsteiger sehe, wird es trotz Cutrone (und Ricci) wohl auch der Aufsteiger sein, von welchem ich maximal zwei Spiele sehen werde: Hin- und Rückspiel gegen Verona. Legt man sein Hauptaugenmerk allerdings auf junge, entwicklungsfähige Talente, dann ist man bei Empoli-Spielen definitiv an der richtigen Adresse. 

5. Fiorentina

mw: Florenz. Ich weiß nicht, wieso, aber Vereine mit lila-farbenen Trikots haben mir noch nie zugesagt. Austria Wien, VfL Osnabrück, Erzgebirge Aue und eben AC Florenz. Das Chaos rund um den Klub in diesem Sommer – „Gattuso“ – weckte ein wenig Neugierde, doch die ist eigentlich auch längst verflogen. Viele zu wenig wird aus dem relativ starken Kader gemacht, viel zu sehr sind andere Vereine attraktiver. Die Stadt besuche ich gerne wieder, ein Spiel anschauen? – Wird auf den Gegner ankommen.

sr: Italiano und die Viola, das kann eine spannende Kombination werden. Mit Italiano, den ich bekanntlich unter gewissen Voraussetzungen nicht ungerne in Verona gesehen hätte, bekommt die Fiorentina endlich wieder einen nicht-limitierten Coach. Es wird spannend, wie der in Karlsruhe geborene Coach das unbestritten vorhandene Potenzial des Kaders ausschöpfen kann – wenngleich Transfers wie jener von Nico González aus Stuttgart für eine solche Unsumme wiederum Fragen an der Kompetenz der sportlichen Führung aufkommen lassen wird: Die Italiano-Viola wird ein spannend zu beobachtendes Projekt – insbesondere falls Vlahovic tatsächlich bleibt. 

6. Genoa

mw: Eigentlich könnte ich hier einfach den Text zu Bologna kopieren. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich sagen könnte, dass auch nur ein Leser oder gar ich selbst davon überzeugt würde, sich die Spielzeiten von Genua Zeit zu nehmen und mal genauer hinzuschauen. Vielleicht für die Abschlussrunde von Goran Pandev… vielleicht für das ein oder andere Talent, ob Rovella oder Portanova… oder vielleicht einfach nur, weil der Gegner spannend ist…

sr: Ich gehe da konform. Kommt ein guter Spieler zu Genoa, wird er automatisch ein schlechterer Spieler. Das mag nach Stammtisch-Parolen klingen, war in den letzen Jahren aber leider viel zu oft der Fall. Tatsächlich habe auch ich in den vergangenen Saisons nur wenige Genoa-Spiele gesehen. Fraglich, ob es hier zu einem krassen Anstieg kommt.

7. Inter

mw: Inter ist – unabhängig aller Abgänge im Spielerkader oder auf der Trainerbank – als Meister die Mannschaft, die es zu schlagen gilt. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Inzaghi seinen alten Schützling aus Rom in den Norden lotst, um so Lukaku zu ersetzen. Aber das muss gar nicht passieren, denn es finden sich noch ausreichend andere interessante Spieler im Kader der Nerazzurri. Und so stellen auch sie dieses Jahr keine Übermacht, was es eigentlich nochmal interessanter macht, auch hier mal einzuschalten und mehr als nur einen kurzen Blick zu riskieren.

sr: Inter – ohne Streifen, ohne Pirelli, ohne Lukaku. Will ich das wirklich sehen? Ich weiß es nicht. Der Hakimi-Ersatz wurde smart gelöst, Lukaku ist unersetzbar; eine Verpflichtung des Dzekos der vergangenen Monate ein schlechter Scherz. Der Gedanke an die fehlenden Streifen, das verhunzte Wappen sowie ein Inter ohne Pirelli; diesen Schriftzug, den Zanetti, Ronaldo und Vieri in mein Gedächtnis gebrannt haben – mir fällt es ungemein schwer, Gründe zu finden, um tatsächlich Inter-Spiele zu schauen. Wenngleich es aus sportlicher Sicht natürlich ungemein spannend wird, was Inzaghi in Mailand veranstalten kann. Hach, diese verdammten Zwickmühlen…

8. Juventus

mw: Ich persönlich finde es wirklich schade, dass man Andrea Pirlo nicht mehr Zeit gegeben hat. Das war tatsächlich einer der Gründe, weswegen ich hier und da mal genauer hingeschaut hatte in der letzten Saison. Nun ist der große Massimiliano Allegri zurück. Über den ehemaligen Mittelfeldspieler werde ich angesichts seiner Spielerstationen natürlich keine bösen Wörter verlieren, aber ich kann andererseits auch nicht versprechen, mich allzu oft zu einem Juventus-Spiel zu verlaufen.

sr: Unser Super League-Teilnehmer zauberte mir auf jeden Fall zunächst einmal Fragezeichen ins Gesicht, ob des Abgangs von Demiral. Zukunftsorientiert und Juventus: Leider eine Kombination, die in den letzten Jahren häufig nicht zu erahnen war. Anders allerdings im Mittelfeld, aufgrund dessen man vom kommenden Meister dennoch einige Spiele zu sehen bekommen wird: Locatelli ist ein Königstransfer, er wird sofort eine immense Rolle bei den Turinern spielen können. Angesichts der geschwächten Konkurrenz ist Juventus für mich übrigens der absolute Top-Favorit, vor den Bergamaschi. 

9. Lazio

mw: Als Fan von Pescara ist Lazio alles andere als eine favorisierte Truppe. Mit Maurizio Sarri auf der Trainerbank ist aber Offensivfußball auf dem Spielfeld angesagt genauso wie nervöses Kippenstummel kauen an der Seitenlinie. Wirft man einen Blick auf den Kader der Biancocelesti, so wird man auch relativ schnell feststellen, dass ein solcher Fußball sehr gut möglich sein wird. Ich glaube kaum, dass es für einen ganz großen Sprung nach vorne reicht, aber den ein oder anderen besser geglaubten Gegner wird man auf ansehnliche Art und Weise die Nerven rauben und da will ich gerne dabei sein.

sr: Benötigt eine Mannschaft wirklich noch mehr Gründe als einen Trainer namens Sarri, um angeschaut zu werden? Nein. Ich erwarte viel, ich erwarte großes – auch das Stadtduell mit der Roma und Mourinho verspricht großartige Unterhaltung. Ich bin zudem auch gespannt auf mögliche Spielzeiten des argentinisch-spanischen Supertalentes Luka Romero, dem jüngsten LaLiga-Spieler aller Zeiten…

10. Milan

mw: Ibrahimovic. Würde mir tatsächlich schon reichen. Gespannt bin ich darauf, ob Pioli wirklich an die starke Anfangsphase aus der letzten Saison anschließen kann oder ob es nicht doch eher träge weitergeht. Von Sandro Tonali erwarte ich – neben deutlich mehr Einsatzzeiten – vor allem einen Sprung nach vorne, anknüpfend an seine atemberaubenden Spielzeiten bei Brescia. Ein solches Talent sollte auf keinen Fall verloren gehen. Wenn ich so drüber nachdenke, würde ich mir ein baldiges Aus von Pioli und Andrea Pirlo an der Seitenlinie wünschen. Pirlo trainiert Tonali. Traum. Dann würde ich auf jeden Fall einschalten. Außer Pescara spielt parallel…

sr: Pioli wird das Ende der Rückrunde auch meiner Meinung nach nicht erleben. Eine Aussage, die ich so ähnlich allerdings auch schon vor 11 Monaten getroffen habe. Naja, schauen wir mal. Fakt ist: Knüpft seine Mannschaft an die Leistungen der Hinrunde der vergangenen Saison an, dann werde ich oft einschalten. Es wird trotz sinnvoller und teilweise kluger Transferentscheidungen allerdings keine leichte Saison für die Rossoneri, die vergangene Saison könnte für einige Jahre die größte Chance auf den Scudetto gewesen sein.