i granata di reggio emilia: la storia della reggiana (1)

il prologo

Es ist Sommer, genauer gesagt der Sommer 2020, die Welt ist gebeutelt von Corona. Kurzfristig entscheiden wir uns dennoch für eine kleine Norditalientour, autark natürlich, ohne andere oder uns in unnötige Schwierigkeiten zu bringen.

Von der venetischen Küste geht es über die emilianische Hauptstadt Bologna dann in Richtung dem Herz der Region Emilia-Romagna; Heimat von Ferrari, Lamborghini, Maserati und Ducati – Terra dei Motori bezeichnet man sich hier, doch es kommen auch Kulturinteressierte abseits von Technik sowie insbesondere Feinschmecker jeglicher Couleur voll auf ihre Kosten: Prosciutto di Parma, das ist für jeden ein geläufiger Begriff, ebenso Barilla – und Parmigiano Reggiano, der echte, markenrechtlich geschützte Parmesan, kommt ebenfalls aus der Emilia-Romagna, einer der wohlhabendsten Regionen des Landes.

Doch obwohl ich seit Kindheitstagen eine ausgeprägte Leidenschaft für italienische Sportwagen und die italienische Küche hege – wobei man hier die cucina parmigiana explizit hervorheben muss: Geht in Parma Essen!! – liegt mein Hauptaugenmerk in jenem Sommer auf eine besondere Provinz der Emilia-Romagna, abseits von Motorenbau und Massentourismus; dennoch eines der geschützten „Erzeugungsgebiete“ des Parmigiano Reggiano: die Provinz Reggio Emilia (RE)

Die namensgebende Stadt Reggio nell‘Emilia, so die offizielle Bezeichnung, liegt am südlichen Rand der Poebene, eine klassische Industriestadt mit großem Altstadtkern. Während das benachbarte Parma eher für eine reichere, “vornehmere” Gesellschaft steht, ist das Umland von Reggio sehr von Agrikultur geprägt. 

Am nördlichen Rand des Apennins gelegen, wird die Provinz RE südlich der Stadt sehr hügelig, teilweise gar bergig. 

Kleine, unebene Straßen wechseln sich ab mit gut ausgebauten, „beinahe-highways”, die so zwischen Reggio und Castelnovo ne’ Monti immer wieder für ein Gefühl sorgen, ähnlich dem auf der Brennerautobahn.

Während man immer wieder einen Blick auf surreale Gipfel und Plateaus erhaschen kann – die Pietra Bismantova sei hier stellvertretend genannt – stechen einem in sämtlichen Dörfern immer wieder die kastanienbraunen Fahnen ins Auge, die, zufrieden vor sich hin wehend, auch im entlegensten Winkel der Provinz ganz klar die fußballerischen Machtverhältnisse in Reggio Emilia ins richtige Licht rücken. 

I Granata: Die Vereinsfarben der Associazione Calcio Reggiana 1919 passen irgendwie zu diesen, sich aufgrund der Berge und Hügel, immer wieder wechselnden Schatten und Lichter. Sie stechen auf eine beruhigende Art und Weise heraus. 

Der Stolz auf das einzig wahre Team der Region und den angrenzenden Provinzen – so das Selbstverständnis hier – ist dabei ungebrochen, auch wenn Reggiana nicht unbedingt die erfolgreichsten Jahre hinter sich hat. Doch: Große Namen hat man hier kommen und gehen sehen, fulminante Spiele in der Serie A erlebt.

Im Rahmen einer mehrteiligen Serie blickt mentalità calcio zurück auf La Regia in der Serie A, auf große Spieler, auf große und weniger große Rivalen sowie natürlich auch auf die Gegenwart.

la regia in serie a

Die Granata und die Serie A – eine Konstante in der Geschichte der Norditaliener. Eine Konstante in dem Sinne, dass Reggiana mehrfach denkbar knapp und immer wieder unter den absurdesten Umständen am Aufstieg in die italienische Beletage scheiterte.

Fehlte in den 60ern mehrfach nur ein Punkt, legte man in anderen Jahren eine beispielslose Negativserie zu Saisonende hin, nur um am Ende wieder einmal mehr ohne etwas dazustehen. 1972 folgte dann der Abstieg in die Serie C, wobei sich der Klub von diesem zunächst nicht erholte, erst ein Besitzerwechsel im Jahre 1988, hin zu einem Konsortium lokaler Industrieller, würde das erfolgreichste Jahrzehnt der Vereinsgeschichte einleiten.

Wie auch Erzrivale Parma spielte die AC Reggiana bis zu den 90ern ausschließlich unterhalb der Serie A. 

Mit Parma wird das Derby dell‘Enza ausgetragen, welches nach dem Fluss Enza benannt ist, der die beiden Provinzen Parma und Reggio Emilia trennt und als „Grenze“ dient. Die Gialloblu konnten sich dann mit Beginn der 90er durch die bekannte Finanzkraft weit vom Lokalrivalen absetzen.

Giuseppe Marchioro ist zu diesem Zeitpunkt bereits knappe fünf Jahre der verantwortliche Coach des Teams aus Reggio, wobei man in der Saison 1989-90 zunächst den Aufstieg in die Zweitklassigkeit schaffte. In jenem Jahr also, in welchem Rivale Parma den Schritt in die italienische Oberklasse vollzog.

Reggiana spielte in der zweiten Liga kontinuierlich im oberen Tabellendrittel mit, bevor dann 1992-93 der große Coup gelingt: der Aufstieg in die Serie A. Erstmalig, endlich – der Fluch war besiegt.

Im Sommer 1993 standen die Granata somit vor der erstmaligen Herausforderung, ein schlagkräftiges und wettbewerbsfähiges Team für die höchste italienische Klasse zusammenzustellen.

Inzwischen kann der Verein durch einen erneuten Besitzerwechsel, unter anderem in die Hände des friulischen Unternehmers Franco Dal Cin, der als damaliger Präsident Udines die brasilianische Legende Zico in den Nordosten Italiens locken konnte, zwar aus weiteren finanziellen Ressourcen schöpfen – die im Ligavergleich der Serie A, wenig überraschend, dennoch wenig konkurrenzfähig erscheinen.

In Reggio scheint in diesem Sommer 1993 trotzdem die Sonne. Das Stadio Mirabello und die Stadt sind am Tage des Aufstieges explodiert, die Nachbeben dieser Explosion sind noch immer deutlich zu spüren. Die ganze Region fiebert dem Saisonstart entgegen, es herrscht Optimismus, welchen der – aus Sicht von Reggiana – stärkste Kader aller Zeiten vervielfacht.

Der Portugiese Paulo Futre ist der Star der Mannschaft, zuvor war er in Diensten von Atletico de Madrid und Olympique de Marseille. Zusätzlich befindet sich eine Menge Talent und Potenzial im Kader von La Regia, stellvertretend seien hier Michele Padovano, Massimiliano Esposito oder der brasilianische Torhüter Claudio Taffarel genannt, welcher am Ende der Saison den Weltmeistertitel 1994 in den USA gewann.

Doch der Start auf neuem, höherem Niveau gestaltet sich in diesem Sommer 1993 äußerst schwierig für die Granata.

Der Aufsteiger hat riesige Schwierigkeiten, seine ansprechenden, guten Leistungen in tatsächlich zählbares umzumünzen, holt so an den ersten drei Spieltagen bei Inter, gegen Lazio und in Bergamo nur einen Punkt – und das trotz einiger guter Chancen sowie einem fantastischen Traumtor des Neuzugangs Michele Padovano bei Atalanta, der sich nach dieser Saison durch seine guten Leistungen einen Wechsel zur Vecchia Signora nach Turin ermöglichen wird.

Und das Glück sollte es auch an den kommenden Spieltagen nicht allzu gut mit den Aufsteigern aus Reggio halten. Zunächst wird den Granata am nächsten Spieltag ein weiteres Traumtor von Padovano, der vermeintliche Siegtreffer im Derby gegen Piacenza, aberkannt, nur um dann am 6. Spieltag in Foggia nach dem Spiel mit einem 0-0 und drei Aluminiumtreffern gen Norden heimzukehren. Auch die weiteren Spiele würden keinen Sieg bringen, so stand die AC Reggiana nach elf Spieltagen mit 6:16 Punkten (Anmerkung: Das Drei-Punkte-System wurde zur folgenden Saison eingeführt) auf dem vorletzten Tabellenplatz.

Kein Grund zur Sorge für die Mannen von Giuseppe Marchioro, so wird der erste Saisonsieg am 12. Spieltag in einem Heimspiel gegen Cremonese erreicht. Ein 2-0, der das Mirabello explodieren lässt, insbesondere die Heimkurve mit der legendären GHETTO-Zaunfahne.

Allerdings blieb dieser Sieg der einzige in der gesamten Hinrunde, was für Reggiana nach selbiger den Abstiegsplatz 16 bedeutete.

Zum Auftakt der Rückrunde kam der große FC Internazionale aus der lombardischen Metropole Mailand in die Emilia-Romagna. Inter stand zu jenem Zeitpunkt auf Platz 6 der Tabelle, kaum zu glauben, dass die Nerazzurri noch fast ein direkter Abstiegskonkurrent von Reggiana werden sollten: einen ersten Fingerzeig und Beleg hierzu lieferte der Aufsteiger allerdings von ganz allein.

Reggiana bestimmte das Spiel, allerdings ohne einige gute Chancen effizient nutzen zu können.

Bis zu einem indirekten Freistoß in der Mitte der zweiten Hälfte, den Giuseppe Scienza aus circa 20 Metern ins linke obere Eck nagelte – ein wahrhaftiges Traumtor, das die Inter-Mannschaft des früheren Hellas-Trainers und -Legende Osvaldo Bagnioli förmlich erschütterte und das Team um Dennis Bergkamp und Giuseppe Bergomi mit leeren Händen nach Hause fahren ließ.

Und Reggiana punktete in der Folge endlich regelmäßig.

Hervorzuheben ist hier sicherlich der 2-0 Sieg im Derby dell’Enza gegen den Erzrivalen aus Parma, damals auf Platz 4 liegend, der für wahrhaftige Begeisterungsstürme in Stadion und Stadt sorgte.

Bis zum letzten Spieltag folgten für die Granata so noch drei weitere Siege gegen Torino (1-0), gegen Napoli (1-0) sowie der erste Auswärtssieg der Saison beim Tabellenletzten Lecce (2-4).

Vor dem letzten Spieltag der Saison 1993-94 ergab sich somit folgende, spannende Situation am Tabellenende der Serie A:

Platz Mannschaft Tordifferenz Punkte
10 FC Internazionale 45:43 31:35
11 US Cremonese 40:40 31:35
12 Genoa CFC 31:39 31:35
13 Cagliari Calcio 38:48 30:36
14 AC Reggiana 28:37 29:37
15 Piacenza Calcio 32:43 29:37
16 Udinese Calcio 35:47 28:38
17 Atalanta 33:64 19:47
18 US Lecce 28:71 11:55

Reggiana schien in der Theorie somit gute Karten auf den erstmaligen Klassenerhalt und der damit verbundenen zweiten Serie A-Saison überhaupt zu haben.

Doch – am letzten Spieltag ging es zum bereits feststehenden Meister: die AC Milan mit einem Team um Franco Baresi, Paolo Maldini, Marcel Desailly, Jean-Pierre Papin, Dejan Savicevic und Brian Laudrup. Eigentlich eine unlösbare Aufgabe für Reggiana. Eigentlich.

Die genaue Zahl an Auswärtsfahrern aus Reggio ist nicht überliefert. Manche Quellen gehen von 20.000 Gästefans aus, andere lassen sogar Zahlen in der Größenordnung von 30.000 fallen. Die komplette Mailänder curva nord in Hand der tifosi der Granata; unfassbare Anspannung, noch unfassbarere Stimmung.

Es läuft die 71. Minute, beide Seiten hatten bereits mehrere Chancen, als Giuseppe Scienza den Ball in der Mitte des Spielfeldes, einige Meter vor dem Strafraum, erhält und ans rechte Strafraumeck zu Massimiliano Esposito – später bei Lazio, Hellas Verona und Napoli – spielt.

Der rechte Mittelfeldspieler sieht die Chance gekommen und schießt einfach aufs lange Eck, ohne den Ball anzunehmen – und Espositos Schuss hat einen guten Drall, dreht sich um die eigene Achse und fliegt letztendlich gegen den Innenpfosten und ins Mailänder Tor.

Unfassbarer Jubel im San Siro, noch unfassbarere Jubelszenen nach Spieleende.

Piacenzas Unentschieden in Parma am Tag zuvor: wertlos. Die Wölfe waren fest von einer Niederlage Reggianas ausgegangen – doch dazu kam es nicht. Milan musste sich noch lange Vorwürfe gefallen lassen; doch an diesem Tage siegte letztendlich der unbändige Wille und Kampfgeist von den Granata, wie sich in den Monaten zuvor bereits angedeutet hatte:

Platz Mannschaft Tordifferenz Punkte
13 FC Internazionale 46:45 31:37
14 AC Reggiana 29:37 31:37
15 Piacenza Calcio 32:43 30:38
16 Udinese Calcio 35:48 28:40
17 Atalanta 35:65 21:47
18 US Lecce 28:72 11:57

Die erste Spielzeit in der italienischen Beletage endete für die AC Reggiana somit etwas glücklich, aber verdient, über dem Strich. Es folgte ein Sommer mit dutzenden Transfers, so beispielsweise mit dem Abgang von Leistungsträgern wie Giuseppe Scienza (Torino) – doch auch Zugänge wie der spätere Bundesliga-Profi Sunday Oliseh (RFC Lüttich), damals zarte 19 Jahre jung, sollten folgen.

Nicht der erste bekannte Name der weiteren, jüngeren Geschichte der AC Reggiana: Carlo Ancelotti, Mircea Lucescu, Michael Hatz, Dietmar Beiersdorfer – sie alle werden hier in den kommenden Teilen noch ihre Rolle spielen. Ebenso wie die beiden Stadien, die ULTRAS GHETTO, bedeutende Rivalen wie Parma – und leider auch der Dorfverein aus Sassuolo.

Und auch die Gegenwart wird natürlich nicht außer Acht gelassen… continua.

tifoso del verona

Eine Antwort zu „i granata di reggio emilia: la storia della reggiana (1)“

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